Logistikwissen zum Durchstarten

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Ein guter Netzwerker
Von DVZ Redaktion

Man braucht keine 5.000 Kontakte auf LinkedIn, sondern ein sinnstiftendes Netzwerk von Menschen, auf die man sich verlassen kann, findet Marc Oedekoven. Der 50-Jährige hat schon einige Stationen in seinem Leben durchlaufen und stets war sein Netzwerk sein Rückgrat, das ihn aufrecht hielt. Ansonsten könnte der Manager seinen geschäftigen Lebensstil nicht lange durchhalten. „Manchmal muss man mich bremsen“, gibt der Chef der Sparte Automotive Special Logistics von Scan Global Logistics zu. Seit nunmehr zwei Jahren arbeitet er bei dem skandinavischen Logistikkonzern.

Er wartet gerade am neu eröffneten Flughafen BER in der Hauptstadt auf seinen Flug ins heimatliche Köln. Eben noch war er bei einem volldigitalen Event des Bundesverkehrsministeriums in seiner Position als Vorsitzender der Logistics Alliance Germany, einem Netzwerk zur Stärkung des Logistikstandorts Deutschland. Auf dem Event fehlten ihm die persönlichen Interaktionen mit anderen Teilnehmenden. „Es ist komisch, wenn man die Gesichtszüge seines Gegenübers nicht sehen kann. Manches kann man zwar der Stimme entnehmen, doch nicht alles“, sagt Oedekoven. Das steigende Bedürfnis nach Begegnung ist etwas, das er während der voranschreitenden und durch die Corona-Krise beschleunigten Digitalisierung oft beobachten konnte, vor allem bei seinen Kindern. „Die wollen gar nicht, dass die Schule zu Hause vor dem Computer stattfindet. Sie wollen draußen sein und die anderen Kinder auf dem Pausenhof treffen“, erzählt der Vater.

Um dem Phänomen entgegenzuwirken, hat er vor drei Wochen eine Kettenmail-Aktion in seinem Unternehmen gestartet, in der jeder Mitarbeiter freiwillig ein positives Erlebnis seines Lebens oder einen Gedanken mit anderen per E-Mail teilen kann. „Anfangs hatte ich keine besonderen Erwartungen, doch es machen wirklich unglaublich viele mit“, sagt Oedekoven. Momentan haben mehr als die Hälfte der 60 Mitarbeitenden teilgenommen und nach und nach kämen immer weitere Rückmeldungen mit positiven Erlebnissen hinzu. Wofür die Aktion gut sein soll? „Ich wollte es einfach einmal ausprobieren. Wir waren immer schon eine tolle Familie, doch so lernen wir uns noch näher kennen und sehen, was einander bewegt“, sagt der CEO und weiter: „Es ist wie ein Spiegeleffekt einer großen Grundgesamtheit, die mich inspiriert.“

Inspiration beflügelt und befeuert den CEO. Am meisten beflügelt ihn seine Familie: „Wir haben zwei Jungs, acht und elf Jahre – eine tolle Mischung“, sagt Oedekoven. „Sie sind noch verspielt, doch gleichzeitig lernen sie momentan, die Welt zu entdecken und stellen herrlich spannende Fragen.“ Diese würden ihn immer wieder herausfordern und selbst zum Nachdenken anregen. Auch in seinem Freundeskreis habe er Menschen „von aller Couleur“ wie Ärzte, Juristen und Ingenieure, so dass ihm in Unterhaltungen viel neues Gedankengut zufließt.

Prägende Momente

Am meisten geprägt hat in die Geburt seiner Kinder: „Leben zu schenken und neues Leben zu sehen, ist unglaublich“, sagt der zweifache Vater. Es habe ihn im Denken, im Handeln und in seinem Führungsstil verändert. Wie genau es ihn verändert habe, lässt er offen. Es sei „anders“ und er habe seine Prioritäten neu gesetzt.

Die zweite Zäsur seines Lebens sei die Gründung seines eigenen Unternehmens gewesen, der Spedition Kibix. „Ich war vorher in spannenden Rollen bei Lufthansa Cargo“, sagt Oedekoven. Nirgendwo anders hätte er so viel gelernt wie dort. Angefangen hatte der diplomierte Volkswirt dort 1998 als Globaler Key Account Manager. Er war für den weltweiten Vertrieb und das Kundenbeziehungsmanagement zu Hellmann Worldwide Logistics verantwortlich. Nach zwei Jahren wurde er Projektleiter und entwickelte die damalige Luftfrachtallianz WOW, die aus einem Zusammenschluss von Singapore Airlines Cargo, Japan Airlines Cargo und SAS Cargo, dem „Skandinavian Giant“ wie sie ihn damals liebevoll nannten, bestand. Als er danach als Leiter des innereuropäischen Außendienstes mit DHL und der Deutschen Post am Key Account Management und der Prozessintegration arbeitete, finge es jedoch an „ihm in den Fingern zu jucken“.

„Ein Kollege sagte mir, dass ich mich in der Lufthansa-Zentrale nicht austoben kann.“ Also leitete Oedekoven für mehr als ein halbes Jahr den Verrieb für den Nahen Osten, Iran und Pakistan in Dubai und wechselte dann noch einmal zu Lufthansa-Consulting nach Singapur, wo er unter anderem für das China-Geschäft zuständig war.

Doch nach zehn Jahren in der Unternehmensgruppe, die ihm viele Türen geöffnet und privat wie dienstlich in über 55 Länder gebracht hätten, verspürte er immer mehr den Drang, sich selbst zu entfalten. Sein „Unternehmer-Gen hat sich entkapselt“, wie er es nennt. Nach weiteren zwei Jahren bei der familiengeführten Rhenus Logistics, wo er den Bereich Luftfracht mit aufbaute, hielt Oedekoven es dann nicht mehr in den Konzernstrukturen aus und wollte vollends aus seiner Routine ausbrechen. „Zuerst wollte ich out-of-the-box denkend eine Kindergartenkette gründen – die Idee schlummert auch weiterhin in meinem Hinterkopf – doch ein Bekannter riet mir, mein Logistiknetzwerk nicht über Bord zu werfen“, sagt der Gründer. Somit rief er seine eigene Spedition ins Leben, die dieses Jahr ihr 10-jähriges Bestehen feierte und „trotz Corona wirklich gut läuft“.

Ausgleich zur Arbeit

Seine Familie gibt Oedekoven Halt, bremst ihn jedoch auch in seinen Vorhaben aus. „Was definitiv gut ist“, sagt er. Seine Neugierde, Flexibilität und Offenheit für Neues seien seine Stärken, gleichzeitig aber auch seine Schwächen. „So viel zu machen, funktioniert nur mit einer guten Portion Selbstführung, Selbstachtung und Unterstützung“, sagt Oedekoven. Er habe glücklicherweise ein sehr verlässliches, belastbares und unterstützendes Umfeld.

Doch ganz ohne professionelle Hilfe geht es auch nicht. „Ich habe einen Personal Trainer, der mir meine physischen Grenzen aufzeigt, mich fit macht und fit hält“, sagt der 50-Jährige. Sein Trainer meint, dass sein Programm manchmal den Belastungen eines Leistungssportlers gleichkäme. „Natürlich komme ich auch an meine Grenzen. Das muss ich jedoch mit mir selbst vereinbaren, mich selbst führen“, so Oedekoven. Dienstags fliegt er immer nach München, um dort seiner Funktion als Vorsitzender der IQS-Gruppe, die sich auf automobile Sonderlogistik spezialisiert hat, nachzukommen. Die restliche Arbeit spielt sich in Köln ab, wo er wohnt und sich sowohl die Büros seiner Spedition als auch die von Scan Global Logistics befinden.

In seiner freien Zeit spielt Oedekoven gern Tennis. „Da ist man ganz auf sich selbst gestellt. Läuft etwas schief, kann man keine Schuldzuweisungen machen und wer sich mit dem Wind und der Sonne herauszuziehen versucht, ist feige“, scherzt er. Als passionierter Jäger ist er auch gern draußen unterwegs, beobachtet Tiere und liest Fährten. Und wenn bei der Jagd ein „gutes Stück Fleisch für die Truhe“ für ihn abfällt, sei das auch nicht schlecht. Biologischer ginge es zumindest nicht.

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