In Baden-Württemberg ist die bundesweit erste Bundesstraßenstrecke für elektrisch betriebene Oberleitungs-Lastwagen eröffnet worden. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sowie die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, gaben die Strecke der B 462 zwischen Kuppenheim und Gernsbach-Obertsrot (Landkreis Rastatt) am Montag für das Pilotprojekt „eWayBW“ frei. Ab dem 1. Juli 2021 soll auf dem 18 Kilometer langen Abschnitt der stark frequentierten Straße der erste Lkw mit Oberleitungs-Technik rollen. Dafür wurden zwei Teilabschnitte von insgesamt vier Kilometern Länge mit Oberleitungen versehen.
Die Technik soll den CO2-Ausstoß von Güterverkehr auf der Straße reduzieren und die Lastwagen leiser machen – ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaschutz, sagte Hermann auf der Veranstaltung am Unimog-Museum Gaggenau (Kreis Rastatt). „Ich hoffe, dass man jetzt ernsthaft an dieses Projekt herangeht und es nicht mit Vorurteilen betrachtet wird.“ Das Projekt war auch von Bürgerprotesten und Kritik begleitet worden. Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion der FDP im Landtag, Christian Jung, nannte es einen „großen politischen Fehler und eine Verschwendung von Steuergeldern“.
Die Fahrten beginnen mit einem Lkw; bis September sollen es fünf dieser Lastwagen von Papierherstellern aus Gernsbach-Obertsrot sein, die täglich Ware in ein Logistikzentrum nach Kuppenheim im Rheintal bringen. Langfristig sind 128 Fahrten pro Tag hin und her geplant.
Sensoren im Dach des Lkw erkennen, ob sich über ihnen eine Oberleitung befindet. Ist das der Fall, dann werden eingebaute Stromabnehmer automatisch ausgefahren und stellen den Kontakt zur Oberleitung her. Der E-Motor des Lkw bekommt Strom und gleichzeitig wird eine Batterie im Fahrzeug aufgeladen. Dann kann der Lkw auch auf Abschnitten ohne Oberleitung fahren.
Auch andere Antriebstechnologien werden auf der Strecke getestet. So ist ein Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw und ein batterieelektrisch betriebener Lastwagen beteiligt. „Alles was technisch heute überhaupt geht, wird hier im Vergleich zur Oberleitung getestet und ausprobiert“, sagte Hermann. Das soll den direkten Vergleich der verschiedenen Technologien ermöglichen – „bevor wir eine weitreichende Investitionsentscheidung treffen“. Nach drei Jahren, in denen unter anderem Daten zu Lärm oder Schadstoffemissionen erhoben werden, wird den Planungen zufolge Bilanz gezogen.
Da es auf dem Abschnitt mehrere Ortsdurchfahrten, Kreuzungen und auch einen Tunnel gebe, sei die Strecke besonders gut für den Feldversuch geeignet. Das Bundesumweltministerium fördert das Projekt mit 26,8 Millionen Euro. Das baden-württembergische Verkehrsministerium, bei dem die Federführung liegt, ist mit 1,6 Millionen Euro im Boot. Oberleitungsstrecken auf Autobahnen gibt es schon in Hessen und Schleswig-Holstein. (dpa/ben)
Foto: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg