Wer ein Unternehmen gründen will, der braucht vor allem eines: Große Visionen und eine riesige Portion Leidenschaft, weiß Niklas Tauch, Gründer und CEO des Tech-Start-ups Liefergrün. Mit nur 25 Jahren ist der Jungunternehmer sein eigener Chef. Nun will er zusammen mit seinen Mitgründern Robin Wingenbach (COO) und Max Schleper (Produktmanagement) sowie einem Team von über 50 Mitarbeitenden die letzte Meile revolutionieren. Das Ziel: eine nachhaltige Alternative zu den traditionellen Paketdienstleistern wie DHL, DPD, Hermes und Co zu bieten – auf Basis von smarten Algorithmen.
Kennengelernt haben sich die drei Gründer im „Venture Club Münster“, einer studentischen Start-up-Initiative. Gerade der Austausch mit anderen jungen Menschen habe am Anfang sehr geholfen, erzählt Tauch. Vor der Gründung absolvierte er einen Bachelor als Chemieingenieur und studierte BWL im Master. Nebenbei arbeitete er bereits über fünf Jahre beim Konsumgüterhersteller Henkel. Die endgültige Entscheidung, seinen sicheren Job zu kündigen, fiel schließlich im Rahmen einer Start-up-Tour in Hamburg bei einem Vortrag von About-You-Gründer Tarek Müller. „Er fragte uns: Was habt Ihr zu verlieren, wenn es nichts werden sollte?“, erinnert sich Tauch. „Richtig! Nichts. Und damit war meine Entscheidung gefallen.“
Kein schlechtes Gewissen mehr
Gegründet wurde Liefergrün im Dezember 2020 mitten im Corona-Lockdown. Und damit in einer Zeit, die stärker denn je von Online-Shopping und dem Wunsch nach schnellstmöglichen Lieferungen geprägt war.
„Der E-Commerce ist in den letzten zwei Jahren explodiert. Diese Bequemlichkeit hat jedoch ihren Preis – sie verursacht eine enorme Menge an Emissionen“, so Tauch. Mit Liefergrün will er den Onlinehandel der Zukunft nachhaltig gestalten, ohne dass sich Verbraucher einschränken oder ein schlechtes Gewissen haben müssen. Geliefert wird daher noch am selben oder nächsten Tag ausschließlich mit Lastenrad oder Elektroauto. Auch Retouren werden im selbstgewählten Zeitfenster abgeholt.
So können nach eigenen Angaben des Start-ups rund 480 Gramm CO2 pro Sendung gespart werden. Deutschlandweit sind die Kuriere von Liefergrün mittlerweile in über 30 Städten unterwegs. Zu den Kunden gehören unter anderem Dyson, Shop Apotheke und der Sportartikelhersteller Adidas.
Große Pläne für die Zukunft
Aufgewachsen ist Tauch im nordrhein-westfälischen Neuss. Die Erkenntnis, wie wichtig Bildung und Visionen sind, wurde ihm bereits im Kindesalter von seiner kroatischen Mutter und seinem deutschen Vater mit auf den Weg gegeben, erinnert er sich. Und auch heute, bald zwei Jahre nach dem offiziellen Start von Liefergrün, mangelt es dem Jungunternehmer, der sich selbst als „hungrigen Optimisten“ bezeichnet, nicht an neuen Ideen.
Schon bald wollen er und seine Kollegen die Dienste von Liefergrün auch in europäischen Metropolen einführen. Darüber hinaus seien Produkterweiterungen wie die Rückerstattung des Kaufbetrags direkt bei der Abholung einer Retoure denkbar. Für den Traum vom klimaneutralen Lieferdienst in Europa konnte sich Liefergrün in einer ersten Finanzierungsrunde bereits 3 Millionen Euro sichern.
„Ich sitze nur sehr ungern untätig herum, sondern bin ständig unter Strom und versuche, den nächsten Schritt zu gehen“, erzählt Tauch. „Das bedeutet jedoch nicht, dass ich eine Sportskanone bin. Sport kommt aktuell leider viel zu kurz.“
Aber trotz des Erfolges ist nicht immer alles Gold, was glänzt, weiß Tauch noch aus der Gründungsphase: „Wir realisierten schnell, dass unser Ursprungsmodell nicht erfolgversprechend war und drehten es um 180 Grad.“ Aber auch in solchen Phasen sollte man nie die Hoffnung und den Glauben an sich und das Team aufgeben, so Tauch. „Als Gründer sollte man nicht den Anspruch haben, nie falsche Entscheidungen zu treffen, sondern mehr richtige als falsche. Ich treffe jeden Tag falsche Entscheidungen und habe auch keine Angst davor.“
Kampf gegen Vorurteile
Doch längst nicht überall werden junge Gründerinnen und Gründer mit offenen Armen empfangen. Wie sehr das Alter eines Menschen die Wahrnehmung über vorhandene Kompetenzen und Erfahrungen beeinflussen kann, musste auch Tauch oft genug erleben. Noch immer falle es einigen Investoren schwer, gerade Erstgründern das entsprechende Vertrauen entgegenzubringen.
„Mein Wunsch ist, dass uns jungen Gründern mit weniger Vorbehalt begegnet wird“, so der Jungunternehmer. Für ihn ist klar: Es gab keinen besseren Zeitpunkt, um Liefergrün zu gründen. „Ich hatte zwar keine finanzielle Sicherheit, aber auch keine Kinder, sonstige Verpflichtungen oder einen hohen Lebensstandard. In meinem Studentenleben konnte ich auch mit wenig Geld umgehen.“
Tauch will der Welt zeigen, dass es möglich ist, ein Unternehmen aufzubauen und große Finanzierungsrunden abzuschließen – auch wenn man jung ist. „Menschen unter 30 sind nicht zu jung oder unerfahren, um die Welt zu verändern. Im Gegenteil: Sie sind die Zukunft, und die Venture Capitals müssen ihre Haltung in dieser Hinsicht ändern.“