Der Münchner Lkw-Konzern MAN testet seine autonomen Lkw auf der Autobahn – und auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will sich an Bord wagen. Auf der A9 nördlich von München will er in einer computergesteuerten Sattelzugmaschine von Allershausen knapp zehn Kilometer bis zur Raststätte Fürholzen-West mitfahren und für die neue Technik werben. Das Gesetz, das es möglich macht, geht noch auf seinen Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) zurück.
MAN hat das Testfahrzeug zusammen mit den Zulieferern Bosch, Knorr-Bremse, Leoni, dem TÜV Süd und weiteren Partnern entwickelt und auf dem werkseigenen Testgelände erprobt. Mit einer Sondergenehmigung geht es nun zur weiteren Erprobung auf die Autobahn. Dabei wird der Lkw stets von Mitarbeitern in einem Kontrollzentrum aus der Ferne überwacht und notfalls gesteuert. Zudem sitzt ein Sicherheitsfahrer am Lenkrad, der jederzeit eingreifen kann.
Milliardenschweres Geschäft erhofft
Lkw-Hersteller und Zulieferer erhoffen sich mit selbstfahrenden Lastwagen ein großes Geschäft. Daimler Trucks ist auf Highways in den USA schon seit einem Jahr mit selbstfahrenden Lastwagen in Pilotprojekten mit Kunden unterwegs. 2027 sollen die Fahrzeuge regulär auf den Markt kommen und und 2030 will der Konzern damit bereits drei Milliarden Dollar Umsatz und eine Milliarde Dollar Gewinn vor Zinsen und Steuern erwirtschaften.
Die Pläne von MAN sind bisher weniger konkret. „Am Ende muss es sich für einen Spediteur lohnen, sich die Technik anzuschaffen“, sagte MAN-Sprecher Gregor Jentzsch. Und er listet eine ganze Reihe von Vorteilen auf: In Europa und in den USA herrscht ein riesiger Fahrermangel. Autonome Lastwagen müssen keine Lenkzeiten und Ruhepausen beachten, sie können theoretisch rund um die Uhr fahren. Zudem wird die Technik weder müde noch unaufmerksam, die Zahl der Unfälle dürfte also sinken.
Speditionsbranche hat Zweifel
Aber die Kunden sind skeptisch. „Selbstfahrende Lastwagen, das hört sich in der Theorie gut an“, sagt Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Grundsätzlich sehe er das auch positiv – aber mit vielen Fragezeichen: „Wie oft gibt es Ausfälle im Funknetz? Wie funktioniert das bei starkem Regen, Nebel, Schnee? An Baustellen? Wenn die Fahrbahnmarkierung verblasst ist?“ Dazu kommen die hohen Investitionskosten. Sowohl die Lkw-Hersteller als auch die Spediteure müssen auch in den nächsten Jahren sehr viel Geld in die Umstellung auf E-Mobilität investieren, das schreibt der Gesetzgeber vor, das hat jetzt Vorrang.
Mittel gegen den Fahrermangel?
Allein in Deutschland fehlen laut BGL heute schon 120.000 Lkw-Fahrer. Jedes Jahr gingen 30.000 in Rente, nur 15.000 kämen neu dazu, sagt Engelhardt. Aber dass autonome Lastwagen da in absehbarer Zeit helfen, bezweifelt er. Frühestens in zehn Jahren dürften die Systeme für den Einsatz auf öffentlichen Straßen zugelassen sein. Aber ohne Fahrer? Der Autopilot habe den Piloten im Flugzeug nicht überflüssig gemacht, Züge würden weiterhin von Lokführern gefahren. „Warum das autonome Fahren gerade im Straßenverkehr, der viel komplexer ist, Einzug halten soll, das erschließt sich mir nicht“, sagt der Verbandschef.
MAN hat autonome Lastwagen schon beim Umschlag im Hamburger Hafen und beim Verladen auf die Bahn getestet und von bis zu 40 Prozent Effizienzgewinn berichtet. Der Pendelverkehr zwischen zwei Logistikpunkten an der Autobahn soll bis Jahresende laufen, dann sind praxisnahe Projekte mit Kunden geplant, und etwa 2030 könnten die Fahrzeuge dann in Serie gehen.
2027 geht es in den USA los
Vorreiter USA Daimler will schon 2027 so weit sein und setzt auf den viel größeren US-Markt. Die Frachtmenge dort dürfte sich bis 2050 verdoppeln. „Die USA bieten mit ihren langen Highways, dem steigenden Bedarf an Gütertransport, großen Lkw-Flotten und den zukunftsorientierten Regulierungsbehörden ein ideales erstes Anwendungsfeld für den Einsatz dieser neuen Technologie“, sagt Konzernsprecher Paul Mandaiker. Die USA stünden dem Einsatz autonomer Fahrzeuge insgesamt sehr positiv gegenüber. Im nächsten Schritt könnte Daimler mit autonomen Lkws dann auch in Europa in Serie gehen. Für die Kommerzialisierung entscheidend sei aber, dass der Einsatz grenzüberschreitend möglich sei. (ben)
Dieser Artikel wurde mit Material von dpa erstellt.