Bereits 2020 starteten die Bundesvereinigung Logistik (BVL) und GS1 Germany das Projekt „Digitaler Lieferschein“. Im vergangenen Jahr dann wurde die Machbarkeit mit 20 Unternehmen aus Konsumgüterindustrie, Handel und Logistik geprüft. Nun gehen die Partner in die Umsetzung, wie die BVL und die Standardisierungsorganisation GS1 mitteilen.
Demnach sollen alle Teilnehmer in einer ersten Stufe über eine zentrale Cloud-Plattform Lieferscheine und später auch weitere Transportdokumente austauschen. Ziel ist es, die Plattform bis Ende 2022 aufzubauen und in Betrieb zu nehmen.
Diskriminierungsfreie Anbindung
„Die Besonderheit der angestrebten Lösung ist ihre Neutralität und der Community-Ansatz, der die Interessen aller Prozessbeteiligten berücksichtigt“, sagt BVL-Geschäftsführer Martin Schwemmer. Offene, standardisierte Schnittstellen ermöglichten Versendern, Empfängern und Logistikdienstleistern die diskriminierungsfreie technische Anbindung. Sie können dabei bereits bestehende Applikationsanbieter nutzen, wenn diese die entsprechenden Funktionalitäten in ihren Systemen ergänzen. So ließen sich digitale Transportdokumente über eine zentrale Instanz zwischen unterschiedlichen Lieferkettenpartnern austauschen und nach einem standardisierten Verfahren mit Informationen anreichern, heißt es weiter.
„Dieser kollaborativ entwickelte Ansatz soll die aufwendige Zettelwirtschaft im Logistikalltag abschaffen und birgt so ein hohes Potenzial für schnellere, kostengünstigere Prozesse zugunsten aller Beteiligten“, fügt Thomas Fell von GS1 Germany hinzu. Die Lösung könne zudem in weiteren Branchen, Märkten und Ländern sowie für weitere Anwendungen skaliert werden.
Neue Webseite
Interessierte potenzielle Nutzer des digitalen Lieferscheins sowie IT-Dienstleister, die sich für Services mit dem digitalen Lieferschein interessieren, finden online ab sofort weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten.
Die Ergebnisse des „Proof of Concept“ stehen ebenfalls auf der Webseite zur Verfügung. Damals wurde der zuvor mit der Projektgruppe abgestimmte Prozess praktisch erprobt. Mit eingebunden waren zum Beispiel die Konsumgüterhersteller Beiersdorf, Henkel und Eckes-Granini, Dienstleister wie Kühne + Nagel, DHL Freight, Baco Logistic und Dederich sowie als Empfänger vier Verteilzentren der Handelsketten DM, Rewe und Penny. Dabei kam eine in Kooperation mit T-Systems prototypisch entwickelte Cloud-Plattform zum Einsatz.
Just-in-time-Info
Den Beteiligten gefiel vor allem die kontaktlose Übergabe des Zugriffslinks auf dem digitalen Lieferschein mit Hilfe eines QR-Codes, die digitale Unterschrift an Lade- und Abladestelle sowie die Einsparung des Lieferscheindrucks. Zu den Vorteilen zählt ihrer Meinung nach auch die zeitnahe und vollständige Verfügbarkeit von Abliefernachweisen inklusive der gut lesbaren Informationen zu Anlieferdifferenzen.
Immer noch begleiten Lieferscheine in Papierform die Warenlieferungen von Konsumgüterherstellern an den Handel. Aufgrund der vielfältigen Funktionen und Anforderungen können Lieferscheine nicht ohne weiteres digitalisiert werden. Bei der Anlieferung im Handel fungiert der Lieferschein häufig als Quittung, die dem Verkäufer den ordnungsgemäßen Empfang der Lieferung bestätigt.
Die Papierbelege werden in der Regel durch das Fahrpersonal des Logistikdienstleisters an den Versender zurückgeführt. Dieser manuelle Prozess ist zeitaufwendig und fehleranfällig. Der digitale Lieferschein soll diese Probleme bald beheben.
Dieser Text wurde von Claudius Semmann verfasst und exklusiv in der DVZ veröffentlicht. Du willst mehr wissen?