Logistikwissen zum Durchstarten

Jutta Oeltjendiers hat eine Mission – sie will helfen. Die 58jährige bringt bei Hellmann Worldwide Logistics Flüchtlinge und Arbeitsmigranten in Lohn und Brot. Eine Aufgabe, die es in sich hat, denn es geht nicht nur darum, den Einstieg in das Osnabrücker Unternehmen zu begleiten. Vielmehr muss die Ausbildungsreferentin für Integration und Sprache ihren Schützlingen auch im deutschen Bürokratie-Dschungel zur Seite stehen. „Ich unterstütze bei Behördengängen und bei der Wohnungssuche, kümmere mich darum, dass die neuen Kollegen und Kolleginnen mobil sind und helfe ihnen, wenn sie Fragen in Gelddingen haben“, fasst sie ihren Aufgabenbereich zusammen.

Die Arbeit mit Flüchtlingen sieht Oeltjendiers aus einem besonderen Grund als sinnstiftend an: „Wer aus einem Krisen- oder Kriegsgebiet nach Deutschland kommt, will bleiben.“ Damit das klappt, arbeitet sie eng mit der Ausländerbehörde zusammen. Grundsätzlich gilt dabei, dass die potenziellen Bewerber für das Unternehmen über eine gültige Arbeitserlaubnis verfügen müssen – ohne geht es nicht.

Doch mit der Initiierung der Massenzustromsregelung, die im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine aktuell gilt, hat sich das Prozedere etwas vereinfacht. Flüchtlinge aus der Ukraine müssen sich lediglich melden, um eine sogenannte Fiktionsbescheinigung zu erhalten. Die reicht derzeit aus, damit man in Deutschland arbeiten oder eine Ausbildung beginnen darf. Und mit einer abgeschlossenen Ausbildung steigen die Chancen, bleiben zu dürfen, weiß Oeltjendiers.

Was für sie den persönlichen Reiz ausmacht: „Ich möchte helfen können und das Gefühl haben, dass das, was ich tue, auch etwas bringt.“ Und diese Bereitschaft sich zu engagieren, trägt Früchte: „Es entsteht eine enge Bindung, die auch über die Ausbildung hinaus bestehen bleibt. Echte Highlights sind die Prüfungsabschlüsse: Wenn alles geschafft und bestanden ist, kommt einem eine wirklich große Dankbarkeit entgegen“, erzählt die Ausbildungsreferentin.

Oeltjendiers ist selbst nach einer Familienpause als Quereinsteigerin aus der Lebensmittelindustrie. 2013 zu Hellmann gekommen. Die Dolmetscherin für Französisch und Spanisch hat zusätzlich einen Masterabschluss in internationalem Marketing gemacht. „Daher konnte ich einige Grundkenntnisse in Sachen Logistik vorweisen“, sagt sie. Viel wichtiger aber war es, dass sie berufsbegleitend nicht nur die Qualifikation erworben hat, Deutsch als Fremdsprache zu vermitteln, sondern auch Integrationskurse geben darf.

In ihren neun Jahren bei Hellmann hat Oeltjendiers bisher rund 40 Schützlinge betreut – Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Ländern wie Spanien, Kasachstan, Tunesien, Syrien oder Afghanistan nach Deutschland gekommen sind. „Wichtig ist in erster Linie, dass die Menschen einige Sprachkenntnisse mitbringen, also wenigstens die B2-Qualifikation haben“, sagt sie.

Um Flüchtlinge beim Einstieg zu unterstützen, greift Jutta Oeltjendiers auch auf mehrsprachiges Lernmaterial des Netzwerks "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" zurück. 

Das aber reicht nicht, um in die komplexe Sprachwelt der Logistik einzutauchen. Daher greift Oeltjendiers auch auf die Expertise des Netzwerks „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ zurück, die sie selbst als Regionalbotschafterin für Niedersachsen unterstützt. Diese vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Initiative des Deutschen Industrie und Handelskammertages (DIHK) stellt zum Beispiel mehrsprachiges Lernmaterial zu Warn- und Hinweisschildern für Beschäftigte in der Logistik zur Verfügung. Darüber hinaus liefert das Netzwerk zahlreiche weitere Informationen zum Thema Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten.

Ist das Modell also eine reine Erfolgsstory? Teils, teils, denn die Integration von Menschen aus anderen Ländern klappt nicht immer hundertprozentig. So ist von der 20köpfigen Gruppe spanischer Arbeitsmigranten, die im Zuge der Finanzkrise zu Hellmann kamen, nur noch ein einziger Kollege geblieben.

Doch dann gibt es Fälle wie Ali Mohammadi der 2015 aus Afghanistan kam. Über ein Praktikum lernte er das Unternehmen kennen und Oeltjendiers bestärkte ihn, sich für die Ausbildung zum Berufskraftfahrer zu bewerben. Mit Erfolg: Seit einem Jahr ist Ali als Fahrer angestellt und fährt begeistert für das Transportunternehmen. Fälle wie diese freuen Jutta Oeltjendiers besonders. Doch man muss als Unternehmen noch ein wenig mehr tun, damit sich die neuen Mitarbeiter auch langfristig wohlfühlen. „Die Integration in den Betrieb funktioniert im Normalfall gut“, sagt sie. Doch müssen die Betriebe eine wichtige Voraussetzung erfüllen: „Bei allem, was man tut, darf man nicht vergessen, die Belegschaft auf diesem Weg mitzunehmen.“

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Wir haben Ali Mohammadi getroffen, der 2015 als Flüchtling nach Deutschland kam und nun für Hellmann als Fahrer arbeitet.