Logistikwissen zum Durchstarten

Lkw-Bewegungen lassen sich per Telematik verfolgen.
Lkw-Bewegungen lassen sich per Telematik verfolgen.
Wer die digitalen Möglichkeiten der Telematik nutzt, kann die Prozesse erheblich optimieren.
© iStock
Telematik ist der Schlüssel zur Fuhrpark-Digitalisierung
Von DVZ Redaktion

„Digitale Technologien verändern die Logistik“, schreibt der Digitalverband Bitkom. So neutral ausgedrückt, ist das sicher richtig. Aber die Brisanz dieser Veränderungen ist damit kaum ausreichend beschrieben. Der Einsatz moderner Technologie für die Vernetzung und Digitalisierung der Wertschöpfungskette führt in der Transport- und Logistikbranche zu weitreichenden Umbrüchen – und zu ganz neuen Möglichkeiten.

Die Transportbranche fängt bei der Digitalisierung nicht bei Null an – vor allem nicht beim Flottenmanagement. Hier hat die Entwicklung bei der Vernetzung der Fahrzeuge deutliche Fortschritte gemacht. So ergab 2021 eine Branchen-Umfrage des Telematikanbieters Geotab unter 220 deutschen Fuhrparkleitern, dass von diesen bereits 87 Prozent Telematik nutzen.

Allerdings entwickelt sich die Branche selbst derzeit wenig weiter. Große Umbrüche lassen noch auf sich warten, da es offensichtlich einige Blockaden auf dem Weg zur nächsten Stufe der Digitalisierung gibt: In vielen Fällen sind die Daten der Telematiksysteme noch immer nicht mit den Analyse- und KI-Systemen der Logistiker vernetzt. So können Daten auch nicht für Prognosen und Planungen oder für die Organisation eines Fuhrparks genutzt werden. Die Umfrage unter Fuhrparkleitern ergab beispielsweise, „dass mehr als zwei Drittel der deutschen Unternehmen keine digitale Flottenmanagement-Lösung im Einsatz haben“.

Potenziale des digitalen Fuhrparkmanagements

Fundiertes Wissen darüber, welche Fahrzeuge wo und mit welcher Ladung im Einsatz und welche derzeit aufgrund von Reparaturen oder Wartungen nicht einsatzfähig sind, ist in vielerlei Hinsicht nützlich. Dies erleichtert die Disposition von Fahrzeugen und Mitarbeitern und erlaubt es somit die Fahrzeugflotte besser auszulasten. Serviceversprechen (SLAs) für die eigenen und die Kunden der Kunden können besser eingehalten oder sogar verbessert werden. Wartungen können im besten Fall bereits vorausschauend geplant und Ausfälle weitgehend vermieden werden.

Am Ende profitiert die gesamte Prozesskette eines Unternehmens von einer durchgehend digitalen Logistik: Medienbrüche durch manuelle Datenerfassungen lassen sich vermeiden, dadurch verringert sich der Papieraufwand beträchtlich – bei einer gleichzeitigen Steigerung der Datenqualität. All das bringt die Digitalisierung der Lieferkette, in der der Fuhrpark ein, aber ein wichtiger Baustein ist. Der Vorteil hier: Die erste Voraussetzung, die Ausstattung von Fahrzeugen mit Telematik, ist schon erfüllt.

Die strategische Qualität der Fuhrpark-Digitalisierung

Gerade bei kleinen und mittelständischen Transportunternehmen kann die Digitalisierung des Teilbereichs Fahrzeugflotte schnell strategische Qualität bekommen – dann nämlich, wenn sie als Einstiegspunkt in eine umfassende Digitalisierung der Prozesskette verstanden wird. Die in den Fahrzeugen verbaute Telematik erlaubt es, Fahrzeugdaten in Echtzeit, also während des Betriebs und aus der Entfernung, auszulesen. Das können GPS-Daten sein, die den genauen Standort eines Fahrzeugs mitteilen, aber auch Betriebsdaten über Geschwindigkeit, Verbrauch und Fahrverhalten. Die Daten werden über das Mobilfunknetz an zentrale Daten- und Steuerungseinheiten in den Rechenzentren der betreibenden Unternehmen übertragen.

Das Zusammenführen von Fahrzeugdaten in einem Data Lake gibt zusätzliche Optionen an die Hand: Unternehmen können sie für den Einstieg ins strategische Flottenmanagement nutzen und damit auch den Einkauf und Gesamtbetrieb besser planen. Die Daten lassen sich auch verwenden, um für mehr Nachhaltigkeit in der Flotte zu sorgen: Stets an den Bedarf angepasste Fahrwege und Auslastungen helfen dabei, die Gesamtstrecken zu verkürzen – und damit zu optimieren.

Die so gewonnenen Kapazitäten können allerdings auch genutzt werden, um die Ausweitung des eigenen Geschäfts zu planen. Alternativ dazu könnten die Transportunternehmen ihre freien Kapazitäten auch über einen gemeinsamen Pool anderen Firmen zur Verfügung stellen, die damit Engpässe überbrücken könnten. In einer zunehmend digitalen Branche spricht nichts dagegen. Die Telematik bietet auch die Möglichkeit, exakte nutzungsabhängige Verrechnungsmodelle zu etablieren.

Die Basis: Track and Trace

Was die Kunden großer Lieferdienste als Sendungsverfolgung oder „Track and Trace“ kennen, meint das präzise Verfolgen einzelner Waren entlang der gesamten Logistikkette. Es ist eine Stufe der Digitalisierung, die schon vor vielen Jahren technisch relativ einfach mit der Nutzung von Telematik begann. Um Ware verfolgen zu können, benötigen Unternehmen sogenannte Avisierungsdaten, also Informationen über den Absender einer Ware, ihr Ziel sowie den konkreten Paketinhalt. Das sind keine Informationen, die in den Fahrzeugen erhoben werden, sondern in der Logistik, in der die Warenströme digital aufgezeichnet und verfolgt werden können. Für Track and Trace müssen diese Daten miteinander verknüpft werden, denn erst dann können daraus valide Vorhersagen über genaue Liefertermine (ETA, „Estimated time of arrival“) gemacht werden.

Track and Trace lohnt sich auch unter Effizienzgesichtspunkten: Kosteneinsparungen ergeben sich beispielsweise durch die Optimierung von Be- und Entladeprozessen, bei der Berechnung von Routen und Retouren sowie bei der daraus folgenden Personalplanung für das Ein- und Ausladen sowie Lagern von Waren. Gut zu wissen ist auch, dass sich Track and Trace weitgehend automatisieren lässt, also Be- und Entladeaufträge sowie die Fahrten- und Routenplanungen ohne manuelle Eingriffe erfolgen können.

Dafür ist es aber auch wichtig, die Daten aus der Telemetrie und dem Track and Trace mit den Stamm-, Produkt- und Transaktionsdaten zu verbinden, denn nur wenn alle Daten in guter Qualität konsolidiert und miteinander interoperabel vorliegen, sind diese ambitionierten Anwendungsbeispiele tatsächlich möglich – und tatsächlich effizient.

Wozu Daten dienen können

Die dritte Stufe der Digitalisierung in der Logistik ist das sogenannte Process Mining. Dabei geht es darum, über die Analyse von Geschäftsprozessen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu Ansätzen für die Modellierung neuer Prozesse zu kommen, die für mehr Effizienz sorgen. Dazu müssen umfangreiche Datensätze auf Optimierungspotenziale durchsucht werden. Process Mining ist eine Methode, die nicht nur einen praktischen Nutzen, sondern auch die größten Veränderungen für ein Unternehmen mit sich bringt. Allerdings setzt das voraus, dass die Akteure in den Unternehmen auch bereit sind, die Änderungsvorschläge aus der Analyse auch umzusetzen. Ist das der Fall, lassen sich Schwachstellen in den bestehenden Prozessen beseitigen sowie neue Prozesse modellieren – das Transportunternehmen gewinnt an Wettbewerbsfähigkeit. (ben)

Dieser Gastbeitrag wurde von Thomas Alberti, Vice President Sales Deutschland bei der Software AG, verfasst.

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