Logistikwissen zum Durchstarten

Ein Team der Wasserschutzpolizei während der Arbeit.
© Timo Jann
Unterwegs mit der Wasserschutzpolizei Hamburg
Von DVZ Redaktion

Von Murmansk über Narwik ist der 229 Meter lange und 32 Meter breite Bulker in den Hamburger Hafen gekommen. Teile der Besatzung sind bereits seit Monaten an Bord. Während das Löschen am Hansaport läuft, bekommen die Männer Besuch: Ein Team der Wasserschutzpolizei hat die 2016 gebaute Einheit während der morgendlichen Lagebesprechung im Kommissariat für eine umfassende Kontrolle ausgewählt.

„Einmal im Jahr sollte jedes Schiff einer Marpol-Kontrolle unterzogen werden. Das können wir über eine Datenbank nachvollziehen und dieses war es jetzt bei uns mal dran“, berichtet Johannes Rosenberg. Er bringt mich zusammen mit seinen Kollegen Thomas Petras und Patricia Neumann mit einem Streifenboot der Wasserschutzpolizei an Bord, um die Kontrolle seiner Kollegen zu begleiten.

Sven Kaßburg, Michael Tiedtke und Jürgen Graf sind bereits mit dem Streifenwagen zur Pier des Hansaport vorgefahren und arbeiten sich durch wahre Papierberge. Tiedtke und Kaßburg nutzen die bundesweite Kontrollwoche, um Graf detailliert in das Vorgehen einzuweisen. Kapitän, Chief Officer und Leitender Ingenieur stehen den Beamten Rede und Antwort und tragen die geforderten Unterlagen zusammen. Tiedtke: „Wir haben eine Abfolge, nach der wir uns durch die Daten arbeiten.“ In diesem Fall dauert das Prozedere Stunden. „Wir können in den Tagebüchern weit zurückgehen, weil die Verantwortlichen schon lange an Bord sind. Damit ist klar, dass sie für die Dinge verantwortlich sind. Wäre ein Crewwechsel erfolgt, hätten wir nicht so weit zurückgeguckt“, berichtet Kaßburg.

20 Mann bilden die Besatzung des Bulkers, ihr Kapitän hat die Verantwortung für alles, was an Bord passiert. Aus den Unterlagen geht hervor, wann welcher Treibstoff gebunkert wurde, wie das Ballastwasser behandelt wurde, wann welcher Müll entsorgt wurde, ob Ölschlämme, die aus dem Schweröl zurückbleiben, vorschriftskonform verbrannt wurden.

Graf: „Wir prüfen zunächst die Papierlage. Wenn sich daraus Ansatzpunkte für weitere Kontrolle ergeben, folgen diese. Bleibt es bei Verstößen auf dem Papier, ist das nur mangelnde Dokumentation. Anderenfalls wäre es ein Umweltverstoß.“ Das kann Folgen haben, wie der Fall von 3,5 Millionen Litern unbehandelt eingeleitetes Ballastwassers kürzlich zeigte: Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie verhängte eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 Euro gegen zwei Verantwortliche.

Die Crew hat eine Mitwirkungspflicht, der die Mannschaft des Bulkers auch nachkommt. Manchmal wirkt die Aufregung groß, aber alle geforderten Unterlagen werden dem Kontrollteam vorgelegt. Der Bulker darf im Überwachungsgebiet nur mit Gasöl fahren, nutzt aber außerhalb regelmäßig auch Schweröl. „Es wird manchmal schon Stunden vor der Einfahrt in ein Überwachungsgebiet erforderlich, den Betrieb umzustellen, um keine Schadstoffverstöße zu verursachen“, weiß Graf.

Der für die Kontrolle ausgewählte Bulker im Hamburger Hafen. (Foto: Timo Jann)

Etwa ein Prozent des Kraftstoffes fällt als Sludge an. Der darf verbrannt werden. „Leider gibt es international keine einheitlichen Hafenregelungen für eine ordentliche Entsorgung“, sagt Graf, während Kaßburg anhand der Tagebücher ganz genau nachvollzieht, ob die gebunkerten, für die Fahrt genutzten und die dabei angefallenen Mengen Sludge plausibel sind. Schweröl bringt es auf einen Schwefelanteil von 0,5 Prozent, Gasöl auf 0,1 Prozent.

Ähnlich genau verhält sich die Kontrolle beim Umgang mit Ballastwasser. „Alles, was an Bord genommen wird, muss behandelt werden, damit keine fremden Organismen in andere Gebiete eingeschleppt werden“, erklärt Rosenberg. Beim Rundgang über das Schiff lässt sich das Kontrollteam die Neutralisationsmittel zeigen. Auch beim Umgang mit Bilgewasser schauen die Polizisten ganz genau hin. „Glücklicherweise gibt es immer mehr Schiffe, die es ordentlich in den Häfen entsorgen“, hat Tiedtke beobachtet. „Notfalls haben wir bei festgestellten Verstößen einen kurzen Draht zum BSH oder zur Berufsgenossenschaft Verkehr und auch zur Umweltbehörde. Da wird dann sehr konsequent gehandelt, wenn die Feststellungen gravierend sind“, sagt er.

Die Besatzungen von Bulkern, Boxcarriern, Autofrachtern oder Kreuzfahrtschiffen müssen jederzeit mit einer Überprüfung rechnen. „Wenn wir an Bord gehen, ist das immer eine Überraschung. Da muss natürlich jederzeit alles stimmen, was wir für die Einsicht während der Kontrolle fordern“, sagt Rosenberg. „Mit der Zeit weiß man schon, wo etwas sein könnte, wenn man die ersten Einblicke hat“, sagt er. Damit der Druck zur Einhaltung der Vorschriften erhöht wird, hatte die Hamburger Polizei im April erstmals die Koordination der Bundesweiten Aktionstage Gewässer- und Umweltschutz (BAGU) übernommen. bundesweit laufenden organisiert. Alle Bundesländer – bis auf Thüringen haben alle Länder Wasserschutzpolizeieinheiten – beteiligten sich daran.

„Einträge durch den Schiffsbetrieb, beispielsweise Rückstände aus Maschinenräumen, Verbrennungsabgase, Grau- und Schwarzabwässer, Ladungsrückstände und Waschwasser, Ballastwasser und Abfälle stellen eine hohe Belastung für die Gewässer und die Umwelt dar“, erklärt Daniel Ritterskamp, Sprecher der Hamburger Polizei, im Gespräch mit dem THB. Auf internationaler und nationaler Ebene wurden Regelungen für den Umgang mit diesen Stoffen vereinbart. Um deren Einhaltung flächendeckend zu überprüfen und präventiv beziehungsweise repressiv Verstöße zu entdecken und zu ahnden, wurde die Bagu von der Polizei organisiert.

Bei der Kontrollaktion wurden insgesamt 916 Kontrollen sowohl an Land, als auch wasserseitig, durchgeführt, bei denen 782 Wasserfahrzeuge im Binnen- und Seeschifffahrtsbereich überprüft wurden. Insgesamt beanstandeten die Beamten 283 Verstöße, die zu 496 Ordnungswidrigkeitsverfahren führten. Zudem leiteten die Beamten bei vierzehn festgestellten Straftaten im Zusammenhang mit Gewässerverunreinigungen Verfahren ein, deren Ermittlungen noch andauern. Zur Sicherung der eingeleiteten Ermittlungsverfahren zogen die Polizisten annähernd 38.000 Euro Sicherheitsleistungen ein und setzten Verwarngelder fest. Darüber hinaus wurden bei 19 Wasserfahrzeugen erhebliche Mängel festgestellt und die Weiterfahrt bis zu ihrer Instandsetzung untersagt. Insgesamt stellten die Polizisten zudem rund 80 Mängelmeldungen aus.

„Auf fast einem Drittel der überprüften Wasserfahrzeuge wurden Verstöße festgestellt“, bilanzierte Olaf Frankowski, der Leiter der Wasserschutzpolizei Hamburg. „Uns zeigt das, wie wichtig es ist, in diesem Bereich weiterhin aufmerksam und aktiv zu sein“, sagte er und nannte die Aktion für die Umwelt einen vollen Erfolg. Man werde die Beachtung der Umweltschutzbestimmungen auch weiter intensiv im Fokus behalten und bundesweite Aktionen wiederholen, kündigte er an.

Der Beitrag wurde von THB-Redakteur Timo Jann verfasst.

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